Fußballauthor @LGAmbrose gibt für den Cloudbet Blog seine Einschätzung zu den anstehenden EM Halbfinals ab. Mit Italien und Spanien treffen zwei der erfolgreichsten Teams der jüngeren EM Geschichte aufeinander. Mit Dänemark spielt das Überraschungsteam des Turniers gegen stark favorisierte Engländer, die seit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1966 auf einen Titel mit der Nationalmannschaft warten.
Mittelfeldschlacht und die Reaktion auf Spinazzolas Verletzung
Bei der Neuauflage des EM-Endspiels von 2012 treffen die Italiener im Londoner Wembley-Stadion auf Spanien. Dieses Mal sind die Italiener in der Favoritenrolle.
Beide Teams haben sich in der EM-Historie verewigt: Das diesjährige EM Finale ist das sechste in diesem Jahrhundert und das vierte – nach 2000, 2008 und 2012 – an dem mindestens eine dieser beiden Mannschaften beteiligt sein wird. Italien unterlag im direkten Final-Duell 2000 und 2012, als Spanien seinen im Jahr 2008 gewonnenen Titel verteidigte.
Seit dem letzten Aufeinandertreffen der beiden großen Fußballnationen in einem EM-Finale hat sich vieles verändert. Spanien dominierte damals das Mittelfeld und trat mit sechs ausgewiesenen zentralen Mittelfeldspielern an. Die Italiener haben ihre Lektion aus dieser schmerzhaften Niederlage gelernt und setzen nun ihrerseits auf Dominanz durch Ballbesitz. Der Schlüssel zum Erfolg in diesem Sommer ist die Extraklasse von Jorginho, Marco Verratti und Nicolo Barella im Mittelfeld. Dieses Trio hat derzeit jederzeit alles im Griff. Nur für zwei Teams – Spanien und Deutschland – wurde bisher bei der Euro 2020 eine höhere Passgenauigkeit gemessen.
Uns erwartet also eine Mittelfeldschlacht, doch entschieden wird dieses Spiel an anderer Stelle. Kann Italiens alternde Abwehr die cleveren Spielzüge der Spanier verteidigen, sobald Spanien sich etwas Platz verschaffen kann? Ganz vorne nimmt es Alvaro Morata mit den italienischen Innenverteidigern auf, während Pedri und Ferran Torres dahinter für Gefahr sorgen werden.
Bei Italien richten sich die Augen auf Barella und Berardi/ Chiesa auf der rechten Außenbahn. Auf der linken Außenbahn konnten sich die Italiener bei diesem Turnier bisher auf das hervorragende Zusammenspiel zwischen Leonardo Spinazzola und Lorenzo Insigne verlassen. Doch Spinazzola verletzte sich beim Sieg gegen Belgien im Viertelfinale an der Achillessehne und fällt für den Rest des Turniers aus.
Durch sein Fehlen werden sich die Offensivbemühungen der Italiener verstärkt auf die rechte Angriffsseite verlagern. Hier könnten sich zusätzlich Räume auftun, wenn sich Linksverteidiger Jordi Alba in das spanische Angriffsspiel einschaltet. Berardi (oder Federico Chiesa, der gegen Belgien in der Startelf stand) könnte der italienische Spieler sein, der den meisten Raum bekommt. Wer auch immer die Schlüsselposition einnimmt wird im Kombinationsspiel mit Barella, der gegen Belgien den Führungstreffer erzielte, mit darüber entscheiden, ob die Italiener in ihr drittes EM-Finale in diesem Jahrhundert einziehen.
Sieg Italien: 2.50
Sieg Spanien: 3.23
Unentschieden (nach 90 Minuten): 3.33
England muss gegen Dänemark Alternativen finden
Die Engländer kehren am Mittwoch zu einem Heimspiel ins Wembley-Stadion zurück. Nicht nur wegen dem Heimvorteil gehen sie als absoluter Favorit ins Spiel gegen die Dänen, die wohl die größte Überraschung im Halbfinale dieser EM sind. Die Mannschaft von Gareth Southgate hat bei diesem Turnier immer noch keinen Gegentreffer kassiert. Fünf Spiele ohne Gegentor am Stück gab es in der langen Turniergeschichte der Engländer noch nie.
Doch nun trifft England auf eine dänische Mannschaft, für die während der EM bisher ein Wert von 1,82 „Expected Goals“ pro 90 Minuten berechnet wurde. Nur Italien und Spanien – die beiden anderen Halbfinalisten – haben bei dieser EM in der regulären Spielzeit häufiger aufs Tor geschossen als die Dänen.
Auf dem Weg ins Halbfinale traf England jedoch bisher nur auf eine Mannschaft die im Vorfeld zu den Favoriten auf den Turniersieg gezählt wurde: Deutschland hatte in einem Spiel, in dem beide Mannschaften vorsichtig agierten und das Risiko scheuten, mit 2:0 das Nachsehen. Diese Art der Spielentfaltung liegt den Engländern und spielt ihrer starken Abwehrleistung in die Karten. Die weltklasse Offensive benötigt nicht viele Möglichkeiten um spät für die Entscheidung zu sorgen.
Für das Spiel gegen Dänemark zeichnet sich jedoch ein anderer Verlauf ab. Die Dänen haben im bisherigen Turnierverlauf immer gezeigt, dass sie gewillt sind in die Offensiv zu gehen. Auch wenn sie wie in der Gruppenphase auf Schwergewichte wie Belgien trafen. Nach dem tragischen Eröffnungsspiel sind die Dänen im weiteren Turnierverlauf immer mit deiner Dreierkette angetreten. Wie gegen die deutsche Mannschaft werden die Engländer diese Grundformation erwartungsgemäß spiegeln.
Ähnlich wie Gosens bei Deutschland ist bei Dänemark ebenfalls ein Linksverteidiger voll durchgestartet. Joakim Mæhle steuerte bisher bei diesem Turnier zwei Tore und eine Vorlage bei. Die von ihm ausgehende Gefahr wird vermutlich dafür sorgen, dass Bukayo Saka oder Phil Foden für Jadon Sancho in die Startelf zurückkehrt. Sancho durfte bei dem Sieg über die Ukraine endlich sein erstes Spiel bei einer Europameisterschaft bestreiten. Die englischen Innenverteidiger hingegen werden Kasper Dolberg im Auge behalten, der während der Gruppenphase gar nicht zum Einsatz kam, dann aber mit drei Treffer in zwei Spielen entscheidenden Anteil am Erfolg der Dänen in der K.o. Phase hatte.
Dänemark ist bei Standards stärker einzuschätzen als die Ukraine. Daher sollte die Engländer ihre Chancen nicht über ruhende Bälle suchen, sondern über den linken Innenverteidiger Jannik Vestergaard, der zur Schwachstelle werden könnte, wenn sich Mæhle zu weit nach vorne wagt. Englands rechte Angriffsseite muss daher ihre Aufgaben in Abwehr und Angriff ausgewogen erledigen, doch wenn sich Räume auftun, lauert in der Mitte Englands Anwärter für den „besten Spieler des Turniers“, Raheem Sterling oder der wiedererstarkte Harry Kane.
Diese beiden stellen erneut die größte Gefahr dar, wenn England vielleicht nur noch 90 Minuten vom ersten Finale bei einem großen Turnier seit 1966 entfernt ist.
England to win: 1.72
Denmark to win: 5.65
Unentschieden (nach 90 Minuten): 3.71
Im Gesamtsiegermarkt ist England mit einer Quote von 2.58 nun der Titelfavorit, gefolgt von Italien (3.19), Spanien (4.20) und Dänemark (10.00). Cristiano Ronaldo bleibt mit seinen fünf Toren (1.22) der klare Favorit auf den Gewinn des Goldenen Schuhs, obwohl Harry Kane (8.00) und Raheem Sterling (9.00) derzeit beide mit drei Toren und möglicherweise zwei zusätzlichen Spiele noch vorbeiziehen können. Kasper Dolberg hat hier mit einer Quote von 36.0 bestenfalls Außenseiterchancen.